Liebes Tagebuch…

Oh du wohlig-sonnige Vorweihnachtszeit.

Regelmäßig ist am Ende des Jahres noch sooo viel Urlaub übrig - es ist wie mit dem Geld am Ende des Monats. Lästig, beunruhigend, nach Abhilfe schreiend, also auf nach Gran Canaria!
Landung, wolkig und windig - letzteres wird uns weiter begleiten, im Hotelbunker in San Augustin, am Südostzipfel des Eilands gelegen, erwartet uns der hervorragende seitliche Meerblick wie gebucht, also zum Parkplatz auf dem die Busse mit laufendem Motor warten.
Der erste Wandertag geht vom Hotel nach Costa Meloneras und zurück, achtzehn Kilometer am Strand und über die wüstenartigen Dünen von Maspalomas und keiner jammert, nur nach Tagen ist noch über schwarzen Sand in allen Körpervertiefungen.
Diese und einige folgende Nächte werden unruhig für mich, denn am Buffet kann ich mich nicht disziplinieren - die kanarischen Weinproben, zum Beispiel am Viña Norte, darf ich allein bestehen, sehr schmackhaft. Dazu kommt eine Rippenprellung - so diagnostiziere ich dieses Stechen hinter dem linken Schulterblatt, sie hat mich unbemerkt vom Weihnachtsmarkt begleitet, dabei sagt man doch, Radfahren verlernt man eigentlich nie. Beim Lachen tuts weh.
Meine Urlaubslektüre setzt dem ökologischen Gewissen zu, mein diesjähriger CO2-Ausstoß - den oralen ausgenommen - ist trotz Kurzstrecken nicht von schlechten Eltern.
Die Wolken verschwinden endlich und nach einem faulen Tag am Pool machen wir eine Inselquerung mit dem Auto, auf Serpentinen durch das bergige Zentrum des Eilands - Tunte (!), Tejeda, Teror - Namen mit Klang und Geschichte! Des Abends statt Konservenmusik am Pool und Burlesque Show Rommé für zwei - einer wird gewinnen.
In der Nacht weckt uns zur Abwechslung kein wartender Bus, sondern ein Verrückter, der mit quietschenden Reifen eine Bahn auf dem Parkplatz zieht. Nicht erst beim Joggen am Meer, schon nachts piekt die Rippe unangenehm, das ist kein Schnupfen und dauert.
Der kleinen körperlichen Ertüchtigung wegen ist der Frühstückssaal schon verwaist und auch die Terrasse bar hustender Rentiere, kein Rauch nimmt die frische Luft. Aus ökologischer Sicht hätte ich dem Fotografen, der uns am Vorabend vor dem Buffetsaal aufgelauert hatte, die unzähligen Ausdrucke der Fotos wohl abkaufen sollen, auf denen wir wie Camper aussehen.
Es folgt ein weiterer entspannter und spannender Tag am Pool, hier ist der chronischen Bronchitis nicht zu entkommen, aber wer will den armen Tropfen den sonnigen Lebensabend mit Glimmstängel missgönnen!
Ein neuer Tag, ein neuer Ausflug, nach Guayadeque, dem schmalen Tal wo die Ureinwohner in Höhlen wohnen. Vorbei an den Touristenspelunken parken wir das Auto am Ende der befestigten Straße und erklimmen die Schotterpiste zu Fuß. Leider stellt sich uns keine gebeingefüllte Höhle in den Weg, wir erfreuen uns stattdessen wieder an all den heimischen Topfflanzen, die hier in freier Wildbahn prächtig gedeihen und an Mandelbäumen und Kaktusfeigen (eine piksige Erfahrung).
Nach dem Abendfressen hole ich eine Flasche Roten aus dem Supermercado und schlafe nach dem Rommé auf dem Bauch ein (nicht auf meinem).
Ein weiterer Tag am Pool bei guter Lektüre folgt, hustende und rauchende Senioren um uns. Ich mache mich allseits unbeliebt mit meinen abschätzigen Bemerkungen. Gegen den halbherzigen Vorsatz muß ich auch an diesem Abend fast alles Angebotene vom Buffet probieren. Statt Rommé nun Karten schreiben bis um halb elf das Balkonlicht automatisch gelöscht wird.
Noch eine unruhige Nacht, Busse, Rippe, mir wie Madame gelingt es mal gut mal weniger gut eine bequeme Schlafposition zu finden.
Nach der Westküstentour über Puerto Rico - langweiliges Touristenkaff - und Puerto de Mogan - angenehm gestaltetes Hafendorf - und Mogan - weit im Innern - fahren wir auf der Serpentine bis nach La Aldea, einer verschlafenen Endstation am Meer, dann den ganzen Weg zurück im Abendlicht, der Beifahrer diesmal nahe der Leitplanke mit geweiteten Augen in den Abgrund sehend.
Sonntag ist Markttag - gefunden haben wir erstmal keinen in Las Palmas, das uns wolkenverhangen empfängt. Insgesamt habe ich außer der Kathedrale nicht viel in Erinnerung, schließlich sind wir hauptsächlich auf kleine Mitbringsel fokussiert. Endlich am Strand fängt es an zu regnen, also steigen wir garnicht erst aus dem Auto.
Den "Geheimtipp" Comedor La Salema auf dem Weg zurück verwerfen wir wieder, das Buffet läßt garkeinen Platz für Zwischenmahlzeiten. Aber unsere Wanderung an der Mole erinnert mich an einen stürmischen Tag am Malecon, kleinen Rabauken fordern die Wellen heraus und auch wir werden etwas naß bei unseren Fotoexperimenten.
Und am nächsten Tag gehen wir noch einmal auf die Maspalomas-Dünentour bei sonnigen Wetter, Handstandüberschlag, lustige Fotos entstehen. Am Nachmittag lesend am Pool kommt Gänsehaut wegen des kühlen Windes.
Tags darauf fahren wir nochmals nach Las Palmas in die Markthallen, Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse im Überfluß, dann nach Arucas in den Park der Herzogin mit exotischem Grünzeug und Bananenplantage. In der Stadt macht der Wind wieder Gänsepelle. Eine Flasche Viña Norte zum Abend und ein knappes Rommé-Spiel - bin ich kein guter Verlierer?
Letzter Gang am Strande vor Abfahrt zum Flughafen, entspannter Abschied bei wolkenlosem Himmel. Noch drei Tage bis Heiligabend!

[] San Agustin / 21. Dezember 2011

Kalk und Kürbis.

Immer gibt es Wichtigeres, als Bilder ins digitale Album zu kleben.
Hier trotzdem Erinnerungen aus dem Museumspark Rüdersdorf, wo wir ohne Verständnis der technischen Prozesse den bunten Herbst genießen und uns auf Helloween vorbereiten.

[] Rüdersdorf / 30. Oktober 2011

Ewiges Auf und Ab.

Tausend Trippelschritte, Zeitlupenbewegungen, Blick auf den Boden dicht vor den eigenen Füßen gerichtet, der sich mal auf- und mal abwärts neigt, viele Meter am Tag, Haushalten mit Kraft und Wasser tut not. Fernab zivilisatorischer Störungen, von Flugverkehr und gelegentlichem Handynetz abgesehen, tickt nur das Stakkato der Blindenstöcke und klingen die Glöckchen der verstreuten Schafe.
Drei Flachlandtiroler versuchen sich bei Kaiserwetter in der Umrundung des Königssees. Dünne Luft in den Bergen, dicke Luft in den Schlafsälen der Hütten, in denen wir in diesen sieben Nächten absteigen. Einfach gehaltene Infrastruktur oder saftige Preise für Warmduscher gibt uns Gelegenheit, unseren ökologischen Fußabdruck temporär zu verkleinern. Und Hüttenruhe ist um zweiundzwanzig Uhr. Dafür beginnt das geschäftige Rascheln in den Schlafsälen schonmal um sechs und das Gedränge an den wenigen Waschtrögen und Herz-Häusln nimmt gegen Ende der Frühstückszeit um acht Uhr stetig zu.
Beginnend in Schönau nach einer letzten luxuriös anmutenden Nacht in der Pension Bergidyll geht es hinauf zum Jenner und serpentin wieder hinab zum Stahlhaus. Erste Etappe locker geschafft. Aber der Reiseplaner wollte uns nicht unterfordern.
Gewaltmarsch am zweiten Tag, Aufbruch um dreiviertel sieben, auf halber Strecke nehme ich ein erfrischendes Bad im Seeleinsee, dann geht es über einen Geröllpaß weit abwärts und im Wald wieder weit aufwärts, die Jungs schwächeln, denn sie haben viel zu wenig Wasser dabei, selig kommen wir schon um halb vier an der Wasseralm an, ich nehme wieder ein Bad in der verbliebenen Pfütze im Flußbett, darauf ein Russenmaß und alle Dehydratation ist vergessen!
Deutlich entspannter wandern wir am nächsten Tag vorbei am Schwarzsee und Grünsee, in den ich wieder genüßlich eintauche, die Himmelsleiter hinaufgeschnauft, schon sind wir beim Kärlingerhaus, hinter dem der Funtensee zum Bade lädt.
Dank Ohrstöpseln ungestört vom allgemeinen Sägen im Saal erwachen wir früh aber erfrischt, der See ist noch nebelumflort. Wir lassen uns von den Murmeltieren hinterherpfeifen und wandern hin zum Steinernen Meer, wo vor allem die Zwerg-Glockenblume zwischen den grauen Geröllbrocken tapfer flort. Das Riemannhaus thront zweitausendeinhundertsiebenundsiebzig Meter hoch allein auf einem Fels, doch das reicht uns nicht, wir kraxln nach einigen Maß noch auf den Hausfels, hinauf wie die Gemsen, hinab wie die Greise, Russen und Mensch-ärgere-dich-nicht bis zum Sendeschluß folgen, klarer Himmel und Wetterleuchten im Westen schicken uns ins Bett.
Nach dem Frühstück eiern wir durch die scheinbar endlosen Geröllwogen zum Ingolstädter-Haus. Das kräftige Mittagessen verleitet uns, dem Großen Hundstod ins Auge zu blicken und wir erleben den steilsten Aufstieg der Tour, nur um uns um das edelweißumkränzte Gipfelkreuz drapiert zu fotografieren.
Zum Frühstück verschmähe ich mal das Müsli und begnüge mich mit einem Stück Marillenkuchen. Über eintausend Meter Abstieg stehen uns bevor. Davor erwarten uns aber doch noch vierhundert Aufstiegsmeter, von hier ziemlich steil abwärts, daß die Knie glühen, den Watzmann vor Augen. Irgendwann blitzt der Königssee durch die Bäume, dann der Kiesstrand der Hirschau - natürlich kann mich nach dieser beschwerlichen Wanderung nichts von einem Bad im wohltemperierten aber tiefsten bayrischen See abhalten!
Endlich in Schlappen schmeckt mir der Russ zum frischen Rächersaibling in der Fischerei St. Bartholomä. Im Wissen um das Ende der Strapazen lassen wir uns im Elektroboot zurück nach Schönau schippern.
Wie verabredet nieselt es am nächsten Morgen und der Abschied fällt nicht so schwer, wie ergeht es wohl den diesjährigen Wallfahrern bei solchem Wetter?

> [] Schönau am Königssee / 26. August 2011

Abseits des Ballermann - Mallorca-Tagebuch 2011.

Das naheliegende und zu Unrecht schlecht beleumundete Mallorca ist ein guter Platz für spätsommerlichen "Last Minute"-Urlaub. Hunderte Bilder der vielseitigen Landschaft, blühend und fruchtbar, heiß, felsig und bewaldet beweisen es, anbei sind einige davon.
Mein Tagebuch
Sonntag; Ankunft im Hotel Valparaiso in Cala Murada kurz vor 10Uhr nach durchwachter Nacht. Erstes Frühstück (karg und hastig, hier herrscht Ordnung, 10Uhr wird der Saal geräumt), Nachschlafen, erstes Abendessen (super), kleiner Spaziergang um die Bucht. Nächtelange Animation vom Hotel America kann uns wegen unsres Zimmers mit sogenanntem Gartenblick nicht ganz so viel anhaben.
Montag; Nach dem Morgenbad in der Bucht just unterhalb des Hotelfelsens das stärkende Frühstück für die erste Wanderung auf den spitzen Felsen beginnend unter unserem Hotel bis nach Portocolom, feines kleines Mittag - Tapas - an der Bucht und ein Meerbad. Zurück durch die Landschaft weiter landeinwärts und pünktlich zum Abendessen im Hotel.
Dienstag; Verdauungsdösen am Pool nach dem Frühstück, ein Bad im Meer, dann auf die Eremitei von Sant Salvador bei Felanitx - der tapfere kleine Mietwagen meistert die ersten Serpentinen, 10 Regentropfen auf dem Rückweg, erstmals Paella am Buffet.
Mittwoch; Meerbad vorm Frühstück, um 11 nach Banyalbufar - Planänderung wegen Markt in Andratx, hier im Park der Stadtverwaltung Kakteen bestaunt und Feigen geerntet und verputzt, weiter nach Estellencs, ähnlich wie dann Banyalbufar ein kleines Dorf am Hang, Treppen über Treppen. Engste Serpentinen nach Port d'es Canonge, wo nur Steinstrände und eine Bar in einer Seitenstrasse warten - erstes Abendessen ausserhalb des Hotels, Meerpaella…
Donnerstag; Halb 11 Abfahrt nach Port de Soller, Wanderroute 15, Auto clever auf nem Hotelparkplatz abgestellt und nix bezahlt, mit Knipse und Wanderbuch in der Hand auf ins Hinterland, durch Oliven-Affenbrotplantagen bergan mit Blick auf die Hafenbucht, nun säumen Brombeerbüsche den Weg, Wein, Feigen- und Mandelbäume, von allem kosten wir. Das Bier auf dem Hauptplatz von Soller ist verdient, zurück zum Hafen mit der Strassenbahn und flugs zum Buffet ins Hotel.
Freitag; Chlorwasser zum Frühstück - wie weit ist der Grundwasserspiegel inzwischen eigentlich gesunken? Lesen, lesen, lesen, schwimmen, lesen, essen, spazieren, schlafen.
Samstach; Etwas früher aus den Federn, Meerbad und ab nach Valldemossa, Tour 11 auf ein Plateau mit alten Kohlemeilern, wohlriechenden wilden Ziegen und Ausblicken über Sa Foradada, Buffet.
Sonntach; Ein großes Hygienemüllschiff hat seinen Inhalt vor der Küste verklappt, Baden macht keinen Spaß heute, das minimale Postkartenkontingent in Porto Cristo geschrieben, schattigen Platz an der touristenverseuchten Platja Romantica gefunden - Glück gehabt! Zur Abwechslung den ganzen Abend TV geglotzt.
Montag; Das erste Morgenjogging, Klima schon ziemlich drückend, nach dem Frühstück gen Port de Pollença, Tour 24, durch das Tal der Vögel und Ziegen, blühende Rosmarinbüsche und Dattelpalmen zu einer kleinen Bucht, die trotz angeschwemmtem Plastikmüll und ankernden Booten sehr schön ist. Die letzten weißen Stellen über der Gürtellinie bekommen Sonne, während ich vergebens Schatten suche.
Dienstag; Wieder keine Spiegeleier auf dem Buffet, da alternierend mit ekligem Industrierührpamps, die krumme Stulle wirkt noch ärmlicher, das Abendbuffet wird auch die Ein-Obst-Politik vom Morgen ausbügeln, steht zu erwarten, und doch überfällt mich (wegen des lausigen Automatenkaffees?) die Verdauungsträgheit, das dicke Buch lockt nicht. Siechtum, im Repertoire der Restebibliothek im Fernsehraum findet sich etwas Leichteres.
Der Sand zischt unter den Fußsohlen, zum Abkühlen ins Meer, komische Blicke von dicken Hummern, die um achtzehn Uhr immernoch wie Sardinen am Strand liegen, im Wasser müßte ich dem gewichtigen Herrn fast ins Genick pinkeln, aber sowas macht man ja eh nicht!
Heute schwimmen wieder eher kleinere, vom Meer schon vorgeschnitzelte Unräte umher, markant: ein Stück Folie mit arabischen Zeichen, wohl weit gereist.
Eine Frischwasserdusche später freuen wir uns aber schon auf das Abendessen, rechtzeitiges Erscheinen sichert Plätze.
Verdauungsspaziergang gen Norden, Feigenbäume verströmen süßlichen Geruch, Gestolper zurück im Dunkel, rot geht der Mond überm Meer auf, Sternschnuppen nieseln herab, Netrebko und Schrott singen.
Mittwoch; Die Sonne scheint! Auf dem Weg zum Leuchtturm von Cap des Ses Salines passieren wir Santanyi, in dessen Gassen um die Kirche doch zufällig Markt ist, Kaufrausch beschränkt sich auf Obst, Märkte sind wie alles, irgendwann nix Neues mehr.
Vom Leuchtturm aus geht die Tour 34 - Mittagssonne! kein vernunftbegabter Spanier wandert da los! - am felsigen Ufer entlang, hier und da es kleinere Badeplätze, schon belegt, irgendwann kommt der vielgepriesene naturbelassene überfüllte Strand (Geheimtip!) Platja des Caragol, zu dem offenbar die Mehrheit der Küstenpassanten pilgert, doch uns zieht es weiter in der Hitze entlang des Zauns der Allesbesitzer March, wozu nur?!
Endlich erreichen wir diese Bucht, wo schon einige kleine Boote ankern, an Land sind wir ganz alleene, kein Wunder, der ganze Sandstrand ist meterhoch von Algenklippen bedeckt. Im Adamskostüm gehen wir endlich ins Wasser, Zeit für Schweinereien und Steineflitschen, Ausruhen im Schatten der knorrigen Bäume. Pünktlich zurück zum Buffet.
Donnerstag; Gefühlt die ganze Nacht herumgewälzt, warm, Bett zu weich, Reisebus vor der Tür... Gesetztes Tagesziel - Besuch des Marktes in Inca - übererfüllt, denn danach geht es zum Cap de Formentor, dem Wachturm und dann dem Leuchtturm, letztes Bad in der Cala Figuera.
Zweites Abendessen außer Haus, frische Dorade und Peterfisch vom Grill, sehr gut!
Freitag; Pünktlich 6h Abfahrt zum Flieger, Ehrenrunde durch Palma und ab in die Lüfte, zum nächsten Freizeitereignis!! Der Berg ruft!

[] Cala Murada / 20. August 2011

Im Plänterwald.

Wochenende! Ausruhn! Nix tun! Endlich mal!
Wieder einmal bereits am Samstag spektakulär gescheitert und den ersten Segeltörn des Jahres in Schmöckwitz mit folgender Freßorgie durchgebracht. Zur Strafe dafür mußten wir durch die Nacht nach Hause radeln.
Aber dann! Den Sonntag ganz langsam begonnen und beim mittäglichen Frühstück im Schleusenkrug die Zeitung durchblättert. Wieder verloren!
Welches ich kann denn da nein sagen: Der Kulturpark Plänterwald war für wenige Tage dem zahlenden Publikum geöffnet. Marodie so weit das Auge reicht, leider schon etwas aufgeräumt und abgesperrt als auch um einige unverrottete Schaustellerbetriebe bereichert, bot sich der einstige Kulti unseren Augen, meiner Erinnerung jedenfalls halfen nur wenige Ausstattungsdetails auf die verstaubten Sprünge.

[] Berlin / 29. Mai 2011

Genieten in het Brugse Ommeland.

Bekanntlich ist derzeit Belgien das Gastland meiner Work-and-Travel-Aufenthalte, Veranstaltungsort der diesjährigen Sommerspiele ist die Gegend um Brügge in Westflandern. Von der Küste mit ihren hüttenbestandenen gezeitenbeleckten Stränden und Dünenlandschaften, entlang der zahlreichen Kanäle, durch bieraffine Dörfer und über saftig-grüne Weiden mit schweinsartigen Kuhbeständen führen die Radwege durch das ganze Umland und laden bei diesem herrlich sonnige Wetter zum Entdecken ein.

[] Blankenberge / 04. Mai 2011

Als het u belieft.

In der Diamantenstadt ist alles aus Schokolade was nicht aus purem Kohlenstoff oder Bier ist.
Der drohende Frühling lädt zur Stadterkundung ein, da hat man einiges zu laufen, wenn man den Weg bis zum Bahnhof mit dem Bus macht, sich dann gen Kathedrale und Schelde-Ufer aufmacht, weiter zum Ursprung des Hafens läuft, hat man schon ein paar Kilometer hinter sich.
Nicht ganz schlecht wenn sich man mehr als einen Tag zum Auskundschaften der Stadt einräumt, zum Beispiel für das Rubenshaus, das Diamantenmuseum oder den Zoo.
Nebenbei kann man sich mal mit der putzigen Sprache der Einheimischen beschäftigen, dem Flämischen, etwas verschieden von der Halskrankheit weiter nördlich, wenn auch nur in der Aussprache.
Und am Montag zurück an die Schippe, das Kraftwerk im Hafen...

[] Antwerpen / 13.März 2011

Auf der Skischaukel.

Hab beschissenst geschlafen in diesen fünf Nächten auf dem Auerhof, werde aber nicht behaupten, es habe an der Säge neben mir gelegen, nein, hab sie nur eben deshalb arbeiten hören.
Kommt es mir deswegen wie ein Traum vor, ein Film, ich sei bei schönstem Sonnenschein in kunstvollen Schwüngen elegant die harten roten Pisten der Vierbergeskischaukel herabgewedelt, oder durch wessen Augen habe ich geblickt?
War es zuerst krampfhaft und kraftraubend, beherzigte ich (unwillig natürlich) ein paar Ratschläge unseres jungen Schwüngelkünstlers und stellte überrascht fest, wie effizient und leicht Skifahren sein kann.
Erst am letzten Abend entspann sich eine hitzige Diskussion, die die harmonische Gruppe in zwei Lager teilte, jede behauptete den anderen Ski bei der Kurvenfahrt zu belasten, ich hielt es mit den Verfechtern des kurveninneren, wie auch immer, wir waren unverletzt die Berge heruntergekommen, wurden uns aber nicht einig.
Der Abschiedsmorgen kam verschneit daher, gut für ein schlaftrunkenes Läufchen durch das Untertal, bevor wir uns zum kräftigen Frühstück setzten.
Nun haben wir längst die Reiseflughöhe verlassen, die Sitze sind wieder aufrecht und die zünftig gedeckten Tische hochgeklappt, Entzug von der deftig-heftigen Landkost ist angesagt und Vorbereitung auf ein paar Wochen belgischer Bierdiät.

[] Rohrmoos-Untertal / 21.Februar 2011

Ab in den Norden!

Eisklippen in Heiligenhafen, Matsch in Kopenhagen, Sonne in Roskilde, Glatteis in Timmendorf und Ende in Hamburg…
Raus, nur raus, wenn ich den Urlaub schon so verschwende, Norden? Süden? Die Würfel sagten Norden, so wandte ich mich in kürzlich neu gewonnener Bewegungsfreiheit gen Weissenhäuser Strand in der Annahme eine heimelige Wellnessanlage vorzufinden, was ich sah graute mich, Bettenburgen mit Plattenbaucharme, also metaphorisch geschissen auf den Strand, ich gab dem alten Pferd die Sporen gen Norden, Heiligenhafen und fand noch so eine Urlauberschließfachsiedlung, aber auch ein Zimmer im Dorf, nach der Sauna genas ich ein paar Bratheringe mit Bratkartoffeln, zuviel zu spät, so hörte ich im Herumwälzen den Eisregen gegen das Dachfenster schlagen, als ich endlich wach wurde gab es Frühstück und einen ausgiebigen Spaziergang auf Graswarder, das aufgeworfene Eis am Strand bewundernd und fotografierend ging der Vormittag um, noch eine Räuchermakrele und ich machte mich weiter nordwärts.
Fehmarnbelt dachte ich, als ich die Insel überquert hatte und vor den Schildern zur Fähre stoppte - kann man etwa nicht über eine Brücke zu den Dänen fahren? Nee, 60Euro für die Fähre, 45 Minuten Fahrt und ich war in DK, noch weitere eineinhalb Stunden und der Kopenhagener Stadtverkehr nahm mich in Besitz, Straßen buckelig vereist, das ehrwürdige Savoy wurde mein Heim für die Nacht - viel Geld für den Quadratmeter Zimmer...
Und schon ab zur ersten Stadtbeschau, es nächtelte bereits, dank digitaler Wegbegleitung erreichte ich unbeschadet die Kleine Meerjungfrau, die trotz später Stunde allein auf ihrem Stein am Wasser saß.
Und jetzt sitz ich hier im Nyhavn 17 am vereisten Kanal und lausche dem Gitarrero nach einem Abendmahl beim Tuborg-Weihnachtsbier
Das war vorgestern, am darauf folgenden Tag klarte es auf über der Stadt, aber im knietiefen Matsch durch Kopenhagen zu stampfen hatte garnicht soviel Einladendes - Roskilde!
Kaum vierzig Kilometer westlich liegt die einstige Hauptstadt und Wikingerhochburg, dem modernen Menschen wohl eher wegen eines ausgelassenen Festivals bekannt, ich wurde am Fjord entlang gelotst, auf dessen Eis versuchten Männer gerade ein eingefrorenes Segelboot mit einem Traktor freizuziehen. Nicht weit davon das Wikingerschiffsmuseum im Winterschlaf, die Wege vereist und die Schiffe eingemottet, die Halle mit den gehobenen und restaurierten Wracks aber doch geöffnet. Ein kleiner Einblick in erstaunliche Handwerkskunst und Gelegenheit für Fotos im Wikingerdress.
Danach stapfte ich in die Stadt, zum Dom. Alle dänischen Kronen waren ausgegeben, ich sah so erbärmlich aus und bekam kostenlos Eintritt! Hier liegen nahezu alle dänischen Könige, auch der Namensgeber einer gewissen Datenübertragungsart, Harald Blauzahn, begraben.
Lange getrödelt bei angenehmem Sonnenschein, R. in Hamburg versprach mir Obdach und ich kämpfte mich zum Fährhafen, erwischte sofort eine Fähre. Hier nutzte ich mal ausgiebig das zollfreie Warenangebot und erstand den schwedischen Whisky, den ich letztens auf Stockholms Flughafen nicht kaufen durfte.
Bei einer Flasche Rotem verplapperten wir den Abend und machten heute bei Sonnenschein einen sehr ausgiebigen etwa elf Kilometer langen Strandspaziergang von Scharbeutz nach Timmendorfer Strand zur Fischbude und zurück, sammelten Glasscherben in Ermangelung von Bernstein und am Abend gabs Matjes mit Bratkartoffeln. Zum Glück durfte ich noch eine Nacht bei R&H&R bleiben.
Ein neues Gestern, ein neues Heute, als mein lieber Kumpel P. auch am Sonntag keine Zeit erübrigen konnte, streunte ich allein durch das zugige feuchtkalte Hamburg, von der Außen- zur Binnenalster, zur Elbphilharmonie und zurück am Michel vorbei. Eine schöne Tour, besonders im Frühling.
Der kleine Ausflug in den Norden ging zuende und der erste Arbeitstag des Jahres zweitausendölf nahte.

[] DK & HH / 09. Januar 2011

Nur bis zur Blauen Lagune.

Gleich geht der Flieger nach Hause, gedämpfte Stimmung bei den Beachvolleyballern, wahrscheinlich brauchen alle jetzt Urlaub vom Urlaub, meine Kondition jedenfalls ist erschöpft, die Batterien leer, obwohl ich am Buffet kräftig zugeschlagen habe, das Schlaf- und Erholungsdefizit ist damit aber nicht kompensiert worden. Eher im Gegenteil, die exzessive Völlerei hat Kraft gekostet. In den nächsten Wochen brauche ich nichts essen.
Das AI-Hotel war fest in der Hand geschwärzter übergewichtiger Rentner (wie gestrandete Wale um den Pool drapiert und soffen uns das ganze Bier weg) und - je nach Tageszeit - hoch motivierter oder erschöpft schlurfender Beachvolleyballer, letztere mit Berliner Übermacht, alle stürzten sich halb verhungert auf das Buffet, Futterberge türmten sich zu jeder der drei Mahlzeiten auf den Tellern, man wird angeblich immer lauffauler, die Türme also höher, aber der Drang zuviel zu essen nahm nicht ab. So ein Scheiß. Einen Tag habe ich trotz Trainings ohne Frühstück und Mittag überlebt.
Die einzige Gelegenheit die Anlage zu verlassen (aber keine zum Geldausgeben) war die Wanderung zur berühmten Blauen Lagune, die wir am trainingsfreien Tag unternahmen. Vorbei an gestrandeten Schildkrötenkadavern und unzähligen leeren Plastikflaschen, UNESCO-Weltkulturerbe-Algen, ramontisch drapierten Fischerbooten und einer verwehten verlassenen Hotelanlage stapften wir durch den warmen Sand, die Sonne lachte. Als wir die Lagune endlich gefunden hatten war das Blau allerdings verdampft. Für ausgiebiges Fotoposieren war der Platz aber doch gut genug.
Spätestens am nächsten Tag hatte mich die vorhanden geglaubte körperliche Kondition verlassen und ich schleppte mich durch die Turniere der folgenden Tage, der vorvorvorletzten Platz im Abschlußturnier konnte mir dennoch niemand abjagen. Sollten die durchtanzten Nächte etwa meiner Tagesform abträglich gewesen sein?
Niemand hatte sich wohl den letzten Tag herbeigesehnt, aber hinterlistig hatte er sich angeschlichen. So leicht war die Gewöhnung an das einfache Leben unter der warmen afrikanischen Novembersonne gewesen, eine gelungene Sommerverlängerung! Mit einem Feuerwerk feierte die Hotelbelegschaft unseren Abschied, sie muß für mehrere Monate keine Gäste mehr sehen, denn die Anlage soll renoviert werden.
Fazit: Urlaub a la "Alles Inclusive" kann man mal machen, wenn man sich von Rentnerschwemme nicht runterbringen läßt und sowieso seine eigene Animation mitbringt.

[] Djerba / 16. November 2010

Ende der Saison.

Endlich? Endlich Schluß mit dem Flehen um guten Wind, Boot klarmachen, wunden Knien als Fockaffe und Ducken vor dem Groß, ständigem Seitenwechsel, steifem Nacken vom Verklickergucken, Landradden rätselhaften Vorfahrtsregeln - links bringt′s! - einfallender Fock und Rundachtern, Wende und Halse, Boje über Bord und Aufschießer, Knotenbiegen in düsterer Nacht, denn es ist Saisonende und die praktische Segelprüfung gilt seit heute als bestanden, fehlt nur (nur?!) noch der theoretische Teil, die fünfzig unerwartetsten Fragen aus dem Fünfhundert-Fragen-Katalog - prost Papa!

[] Berlin / 28. Oktober 2010

Mit dem SdH auf großer Fahrt.

Der Motor stampft, mit gesetztem Groß pflügen wir durch die vernebelten Schären. Unter Deck zu sitzen macht uns inzwischen nichts mehr aus. Eine andere Frage zaubert manchem hektische Flecken ins sonnengegerbte Gesicht: wie bekomme ich die Fotos von allen neun Kameras?
Am zweiten Juni hatten wir in Stralsund die Ahab geentert, sechs Gäste - fünf Jungs und ein Mädel, dazu kamen der Smutje und der Skipper der Herzen. Die Segelyacht war mit einer Tonne Lebensmitteln unter dem Boden gut getrimmt, die fünf Kabinen, die vom Salon mit Kombüse abgehen, waren verteilt, der Spülmodus der Toilette und grundsätzliche Bordregeln waren erklärt, wir lachten über die Kütz-Pütz, die mit einem Webeleinstek befestigt auf der achterlichen Terrasse stand und stachen schon in See, Ziel Stockholm, zehn Tage Segelkurs ohne Lehrbuch aber mit viel Einsatz und Belohnung lagen vor uns (das wußten wir natürlich noch nicht).
Das mehr oder weniger aktive Mitglied einer motorisierten Gesellschaft braucht etwas Zeit der Gewöhnung an die Fortbewegung mittels Segeln, weder Weg noch Reisezeit sind exakt vorhersagbar, der Wind haut schon mal mit der Hand auf den Kartentisch, seine Richtung und Stärke ist nicht immer genehm, wenn kein Fortkommen möglich ist muß der knatternde Motor ran, die Harmonie mit der See zerstörend.
So beugte sich der Skipper der ersten Entscheidung des Windes, der uns nach Hiddensee trug, das Wetter kühl und sonnig, den farbenfrohen Sonnenuntergang begossen wir mit dem ersten 1,5l-Rioja-Piccolo. Die erste Nacht in der kompakten Koje wurde kurz, denn für den langen Schlag nach Bornholm machten wir um kurz nach fünf die Leinen los, die wißbegierigen Schiffsjungen liehen Ohr und Hand zum Ablegen und Segelsetzen. Schon bald änderte sich die Lage, dank Krängung gen Steuerbord und kleinem Wellengang wurde es still an Deck, Landratten kämpften gegen den natürlichen Reiz auf ihre Gleichgewichtsorgane. Das weibliche Crew-Mitglied, einige Stunden später erwacht, blickte in weiße Gesichter, deren Augen starr auf den Horizont gerichtet waren - die Kütz-Pütz ging um und der Smut führte deren Benutzung mustergültig vor. Keiner konnte es so leidenschaftlich nachmachen.
Nach dreizehn angespannten Stunden, die trotz aufmunternder Sprüche des Skippers als die schlimmsten der ganzen Törn gerechnet werden dürften, legten wir in Hasle an. Der Boden schwankte und wir bemerkten erstmals, daß die skandinavischen Inseln doch nicht mit dem Meeresboden verbunden sind, wie bis dahin geglaubt wurde.
Die Fischsuppe des zeitweilig gleich uns genesenen Smut und die Rotwein-Caipi des Skippers versöhnten uns mit dem Tag und der kurze Schlag nach Christiansø am nächsten Nachmittag forderte keine Opfer unter den Gästen. Hier erkundeten wir die weitläufigen Festungsanlagen der Bastion und erlebten einen feinen Sonnenuntergang, während die Möwen kreischten.
Der folgenden Tag begann wieder früh um fünf mit Pflaumenmusbrötchen auf der Hand und Tass Kaff im Cockpit, ein Dutzend helfende Hände folgten den geduldigen Anweisungen des Skippers, bis wir nach siebenundvierzig Seemeilen auf Utklippan, der südöstlichsten Ecke Schwedens (was auch immer das bedeuten mag), festmachten und wieder auf Motivjagd über die winzigen Felsbrocken ausschwärmten, zwei Landradden brüsteten sich mit der Sichtung von Schweinswalen, ohne Beweise vorlegen zu können - Seemanngarn?
Schon drohte das Bergfest! Am fünften Seetag machten wir uns wieder früh auf die Reise, auch ich half beim Ablegen, dennoch blieb mir der Fenderknoten weiterhin ein Rätsel. Per Schmetterling ließen wir uns durch den Kalmarsund zwischen Festland und Öland schieben und steuerten schließlich den Hafen von Borgholm an. Der obligatorische Anlegeschluck geriet nach der weniger obligatorischen Slott-Joggingtour zur ausgelassenen Feier mit entsprechender Krängung am nächsten Morgen. Eine Schlechtwetterfront hielt uns einen Tag fest.
Die frühe Möwe schnappt den Thun, so kämpften wir uns ab halb fünf weiter den Kalmarsund hinauf, es sollte der längste Tag auf See werden, ein nicht genanntes Mitglied der Besatzung quälte sich und andere alsbald auch des Mangels an Zerstreuung und Verbindung zur Außenwelt wegen und die Blaue Jungfrau wollte uns nicht loslassen, erst gegen zehn Uhr abends gab der Skipper den Kampf gegen den widrigen Nordwind auf und warf den Diesel an, der uns pünktlich zur gesetzlich verordneten Kneipenschließzeit in den Hafen von Visby brachte.
Die alte Hansestadt versteckte sich am folgenden Tag im Nebel, leider, doch es ergab sich endlich die Gelegenheit zum Postkartenschreiben. Erste Wehmut kam auf, denn der folgende Schlag Richtung Festland deutete auf das Ende der Törn hin. Die vielgerühmte Fahrt durch die magischen Schären auf der Suche nach der einzigartigen Bucht oder dem Stein zum Anlegen wurde durch den Nebel getrübt, doch der SdH navigierte die Yacht in eine kleine Marina nahe Nynäshamn, in einer Sackgasse gelegen, wo mirakulöserweise das Blau durch die Wolken brach, wir den ersten Sprung ins Wasser und eine Spritztour im lange trockendeckgelegenen Schlauchboot wagten, gefolgt vom ersten Grillabend, begleitet von melodischem Mückengesumm - endlich Schweden! Der Rotwein floß in Strömen, nicht ohne Verhängnis allerdings.
Bei mäßigem Wetter kämpften wir uns am nächsten Tag durch den weiterhin unsichtbaren Charme der Schärengärten nach Dalarö, einer kleinen gemütlichen Tätort mit abwechslungsreichen Joggingmöglichkeiten durch wohlsortierte Sommerresidenzen des schwedischen Hauptstadtvorlands. Dank des gut sortierten Ladens am Hafen konnten wir die verlorenen Mineralien mit Blå Lättöl zurückzugewinnen, während ein großer Teller Nudeln unserer harrte. Der SdH kam mit steigender Zahl Scheidebechern richtig in Fahrt und besiegte unsere Quotenweiblichkeit wiederholt in ihrem Lieblingsspiel, das andere Blå und die 1,5l-Piccolos sorgten für eine kurze Nacht, denn das Ablegen war für neun angesetzt.
Wenig vorher frischte der Wind so stark auf, daß wir das Boot am Steg entlanghangeln mußten, um nicht in die daneben liegende Ariel getrieben zu werden, ein anstrengendes Manöver unter höchster Konzentration, die Wellen schlugen wütend gegen den Steg und ich bekam erstmals richtig nasse Füße. Mit gereffter Fock, später nur mit Motorkraft und Sturmfock bewegten wir uns bei Spitzenwinden von 31kn durch die Schären. Vor Stockholm geriet der Skipper in Verzückung - eine Veteranenregatta, erstaunliche Krängung! Was wußten wir schon?
Doch dann war es soweit, nach dem letzten Anlegemanöver am Vasa-Museum kam das Abmustern, ungewohnte Bewegungen, ungewollter Abschied, Ratlosigkeit, die Taschen zum Hbf, ein gepflegtes BK-Menü, ein erschöpfender Rundgang durch Gamla Stan, Stockholms Altstadt, Abendessen beim Italiener, ein kostenloses Missy Eliott-Konzert bei Sprühregen, ungläubiges Vorfinden des verschlossenen Hbf um 2:15, Angst ums eingesperrte Gepäck und den verpaßten Bus, Einkehr im einzigen geöffneten Etablissement umher, das mit der goldenen Möwe, banges Warten auf die Sonderöffnung des Schließfachareals des Bahnhofs, Dösen im Bus zum nahen Flughafen, letztes Drängeln, letztes erschöpftes Nickerchen und endgültig war die Segeltörn vorbei. Auf ein Neues??

[] Vor Stockholm / 12. Juni 2010

Botanisch ist der Garten.

Sonntagmittag, kein Lärm aus dem Himmel, nur von der Straße tönt er herüber - Zeit für einen autofreien Sonntag! Der Botanische Garten draußen in Dahlem kann auch Grün - und nicht zu knapp. Die Kirschen und erst die Magnolien können sich sehen lassen, wie auch die jetzt noch sichbaren Viscaceae. In den Tropenhäusern, allen voran das Große, neu eröffnet, blühen Rhododendren und Orchideen, wachsen pflanzenschutzmittelverseuchte Südfrüchte, aber draußen ist es viel schöner. Leider sind die gastronomischen Einrichtungen vom Ansturm etwas überfordert. Alles wird.

[] Berlin / 18. April 2010

Marzahn erblüht.

Samstagnachmittag, vierzehn Uhr fuffzehn, immernoch gehört der blaue Himmel über Deutschland nur ein paar lästig lauten Schraubhubern, weniger lästigen Vögeln und ganz leisen Lenkdrachen, die Sonne scheint auf den wilden Osten Berlins und die Gärten der Welt draußen in Marzahn.
Anders als beim Besuch im letzten Frühling sind die Tulpen ob der Temperaturen noch sehr schüchtern, nicht so die Kirschen, deren Blütenpracht weithin leuchtet und meine Erinnerung an all die anderen tapferen kleinen Blüher überschattet.
So ist das Leben eben.

[] Berlin / 17. April 2010

Eyjafjallajökull zu Gast in Berlin.

Samstagvormittag, elf Uhr, der nahezu makellos blaue Himmel gehört allein den Vögeln, abgesehen von ihrem verwunderten Gezwitscher herrscht himmlische Ruhe - wo sind wir? Natürlich auf dem Flughafendrehkreuz Tegel, stillgelegt durch die deutsche Flugsicherung wegen einer von hier unten unsichtbaren Aschewolke die ein Vulkan mit dem einprägsamen Namen Eyjafjallajökull zu uns herüberpustet.
Generalprobe für den Umzug zum BBI, nur daß es dort ähnlich geruhsam zugehen dürfte.
Freie Parkplatzwahl, keine Schlangen bei Starbucks und Burger King, ein paar Versprengte hängen noch der Hoffnung an, ausgeflogen zu werden und reihen sich in die übersichtlichen Schlangen an den Schaltern der Fluggesellschaften - warum weg bei diesem himmlischen Wetter? Berlin hat soviel zu bieten!

[] Berlin / 17. April 2010

Kleine Vampire.

Die Einlagen werden speziell für sie angefertigt, das dauert etwa zehn Tage, so ging es mir durch den Kopf als ich meine übliche Runde machte und starke Zweifel an deren Exklusivität hegte weil ich damit keine Besserung spürte.
Am Moabiter Spreebogen sah ich sie schon wieder, die kleinen Vampire, die aus den braunglänzenden klebrigen Knospen drängten, manche schneller, andere - mit weniger Sonne verwöhnt - langsamer. Faszinierend, wie sie sich aus der kleinen spitzen Kugel schälten. Also kehrte ich nochmal zurück, die Knipse im Anschlag.

[] Moabit / 07. April 2010

Osterspaziergang

Vorbei das Zittern um ein sonniges Osterfest, das letzte ausgelassene Wochenende vor unserer christlichen Fastenzeit, es bleibt das zeitweilige Zittern der recht verhalten frühlingshaften Temperaturen wegen. Auch die Vegetation - besonders außerhalb der städtischen Wärmeinsel - zeigt sich noch etwas zurückhaltend im Ergrünen, wie sich beim ostersonntäglichen Spaziergang in der Märkischen Schweiz herausstellte. Hier wird übrigens entgegen anderslautender Vermutungen kein unverständliches Markschweizerdeutsch gedrechselt, es hört sich eher wie Randberlinerisch an und ist dem urhauptstädtischen Wanderer durchaus leicht verständlich.
Es dominiert das herbstliche Braun, Aufbruchsstimmung in den Frühling läßt sich mit etwas Wohlwollen schon spüren und nach ein paar Kilometern auf Schusters Rappen gesellen sich zum zarten Grün verwegen violette Tupfen, die durch den Baumabfall der vergangenen Vorwinterperiode stoßen - hurra!

[] Um Berlin / 04. April 2010

Schneetreiben in Berlin

Ein jeder jammert und ruft nach dem Frühling - nix da! Erstmal noch ein überraschend schneedurchtriebener Sonntagnachmittag, wie man ihn liebt!
Wo gerade die allerletzten schrumpeligen Eis-Splitt-Dreck-Böllermüllhaufen weggeschmolzen sind noch ein Winterrückfall. Schöne weiße Flocken, die wieder den ganzen Stadtlärm aufsaugen und alles so friedlich machen - wäre da nicht das laute Rauschen der Autoreifen auf dem matschigen Asphalt… Aber lange wird die Pracht nicht halten, auch wenn es ziemlich ergiebig schneit.

[] Berlin / 14. März 2010

Schneetreiben in Kitzbühel

Verlängertes Skiwochenende im weltbekannten Kitzbühel, die Straßen sind frei, kein Anzeichen für das nochmalige Aufbäumen des Winters bei unserer Ankunft am Donnerstagnachmittag, aber dann gehts los, als Flachlandjodler ist einem nicht unbedingt bewußt, daß man sich in einer Wolke befinden kann, in der Frau Holle kräftig die frischen Betten ausschüttelt, daß diese luftigen Dinger in den Bergen so tief hängen und die Sicht versperren können, man sich in einem Moment den Berg hinabtasten muß und einem die Nasenspitze einfriert, aber im nächsten Augenblick der blaueste Himmel sich vor einem auftut. Aber so war es, zwar überwog das Schneetreiben, aber das sorgte für weiße Pisten - wofür macht man sonst den weiten Weg?
Das Skigebiet über Kitzbühel ist was für konditionelle Schwachleister, kurze Pisten mit sehr konservativ eingeschätzten Schwierigkeitsgraden, genau richtig zum entspannten Skifahren! Snowboarder haben mit sehr vielen Ziehwegen zu kämpfen, viele ausgewiesene Pisten sind garkeine!
Hütten und Apres-Ski waren wie es sich für Ösiland gehört super - Auftanken mit Kaiserschmarrn, Germknödel, Frittatensuppe und Knödeln.
Am letzten Tag, zum Abschied, verstärkter Sonneneinfall und wenig Stau auf dem Heimweg - so soll ein Skiwochenende sein!

[] Kitzbühel / 7. März 2010

Erwachen

Der Winter ist aus der Stadt gezogen, für wielange ist noch nicht klar, aber die Schmelze ist in vollem Gange. Im Schloßpark Charlottenburg, abseits der Straße kann man noch im Schneematsch stapfen und die hochgetürmten frischen Maulwurfshügel beglotzen, in der Zivilisation ist die Zeit vorbei. Straßen und Gehwege sind so breit wie noch nie - wer hat sie heimlich ausgebaut? Nur noch hutzelige grauschwarze Eisdreckkrusten liegen hier und da herum, kaum noch Gefahr für Fallsüchtige. In schweren dunklen Monaten mit viel Mühe gepflanzte Scheißhaufen in tendenziell eher dunklen Braunschattierungen erlangen ihre Viskosität zurück und sind auf dem granitgranulatbedeckten vorfrühlingsunfarbenen Gelände nicht mehr so einfach auszumachen - das war im Schnee anders. Auch schöne Erinnerungen an silvesterliche Hörstürze werden wieder wach, ausgebrannte Böller neben Glas aller Formen, dessen Inhalt vielleicht einmal für den Neujahrskater sorgte, längst vergessen wie die guten Vorsätze. Wer ist wie immer schuld an diesem Dreck - die Stadtreinigung, wer sonst, wer sonst hat das alles hier abgelegt?!
Wie überall fehlt hier der Kontrast, das neue Grün ist skeptisch und traut sich noch nicht raus, anders als die Vögel, sie sind aus dem Winterschlaf erwacht und fangen an zu zwitschern, bald werden auch die Bären aus dem Süden heimkehren und die Flora ist wieder komplett.

[] Berlin / 27. Februar 2010

Selig beim Pop Pourri

Selig Micatone Super700 Freddy Fischer
Ein schönes Konzert für Haiti - endlich hab auch ich was für die Erdbebenopfer geleistet, der Eintritt und noch einiges wurde gespendet an die Ärzte ohne Grenzen.

[] Berlin / 13. Februar 2010

Kaliningrad - Anschlagen und zurück

Wieder einmal gab es in dieser Woche einen kurzen Besuch im westlichen Vorposten der russischen Föderation, Ankunft am Montag, Berlin-ähnliches Wetter fanden wir vor und durften diesmal das Hotel Tschaika ausprobieren, ein etwas edleres Haus mit recht behäbig versorgtem Restaurant, das Schuld trägt an meinem Völlegefühl, einerseits der schmackhaften Küche, Borschtsch, Soljanka, Blini, andererseits des spät servierten Essens wegen.
Über die russische Arbeitskultur will ich mich mal nicht weiter auslassen, die zwei Arbeitstage waren lang und mangelten an Struktur, am Ende wurde wieder die Zeit knapp, möglicherweise erwartete man die Struktur ja auch von uns?!
Zum Glück haben die Geschäfte lange offen und Souvenirjäger kommen zum Zuge, auch wenn eine richtige Schapka heutzutage nicht mehr leicht aufzutreiben ist, die Mode hat sich gewandelt und globalisiert, wenn man die Preise kennt, kann man vielleicht ein Schnäppchen machen - nicht mein Metier. Die Bisamrattenfellversion jedenfalls ging für etwa zweihundert Euro über die Theke, mein Spontankauf für dreißig, häßlich ist sie mindestens für hundert!

[] Kaliningrad / 26. Januar 2010

Auf zur Schneemanndemo!

Wer hat Angst vorm weißen Mann?! Niemand!
Sie aber haben Angst, Existenzangst! Daher bewegten sie ein paar hilfsbereite Menschen dazu, ihnen auf dem Gelände des ehemaligen und zukünftigen Berliner Schlosses ein Podium zu geben, Dutzende von ihnen erschienen zur Versammlung, alle erdenklichen Physiognomien waren vertreten, wie die Bilder beweisen.
Der zu ihrer Erschaffung notwendige Schnee wurde vorort auf ökologisch weitestgehend unbedenkliche Weise hergestellt - natürlichen gab es leider nicht mehr genug - und daraus wuchsen die Gesellen, manche etwas eckig zwar, aber Aufmerksamkeit erregten sie jedenfalls und ihr Ziel ist klar: Nieder mit dem Klimawandel! Ein Hoch dem winterlichen Winter!

[] Berlin / 23. Januar 2010

Deutschland - eine Winterkatastrophe?

Dramatisch klagte die Presse, als Daisy plötzlich und unerwartet Schnee auf Deutschland - vornehmlich den Nordosten - herniederfallen ließ. Chaos und Katastrophe!
Auch die Hauptstadt bekam ihren Teil ab. Die Periode, als das jungfräliche Weiß noch zart und unschuldig alles bedeckte, verbrachte ich weiter südlich, wo Winter nicht als eiskalte Regenzeit in kollektiver Erinnerung ist, sondern Schnee sehnlich erwartet wird.
gelber Schnee - jeder Strauch, jede Laterne ist jtzt sichtbar markiert, mehrfach, Scheißhaufen thronen jeden Meter, jetzt gut sichtbar allerdings keine Gefahr. zu gelbschwarzgrauen Felsen zusammengeschoben blockiert er den Straßenrand, Autos parken mitten auf der Fahrbahn weil Parkhäfen Schneesumpf sind, Autos, die schlauerweise seit der ersten Flocke nicht mehr bewegt wurden, sehen aus wie vollgekotzte Totalschäden unter dem weißen Dach und den grau zugespritzten Flanken. Nach etwa einer Woche ohne Neuschnee sind die Gehwege immernoch nur mit Stahltöppen sicher passierbar, Radweg sind zugeschüttet und man fährt wie auf Eiern, also weicht man auf die matschige Straße aus. An manchen Stellen gleicht der Gehweg einem Treibsandfeld, knöcheltief der breiige Grauschnee - und das nicht nur hier im abgelegenen Teil Moabits. Nicht nur in Leipzig mußte die Feuerwehr ausrücken, um gefährliche, von den Dachrinnen der Häuser herabhängende Eiszapfen zu entsorgen, die die Sicherheit der Bevölkerung gefährdeten, weil die Temperaturen ziemlich unwinterlich um den Gefrierpunkt lungerten.
Heute nun kam der erste Nach-Daisy-Schnee, die Fließgewässer trugen Schleier zusammengeschobenen Flockenteigs, sowas hab ich noch nie gesehen, sieht aus irgendeinem Grund eklig aber schön aus. Was verknüpft sich denn da mit meiner Erinnerung?!

[] Moabit / 17. Januar 2010

Eine Woche nur Madeira.


...ist natürlich viel zu kurz, wenn man sich nicht nur mit dem so genannten Wein beschäftigt, sondern der Insel ihre Geheimnisse entlocken will. Das versuchten wir also im August. Für meinen Kollegen A.J. probierten wir das Hotel aus, das er zwei Wochen später besuchen wollte, ein einziger botanischer Garten mit Blick übers Meer.
Von Ausflugsmöglichkeiten und Angeboten verwirrt buchten wir zunächst eine Kleinbustour gen Porto Moniz, nach einem Halt an der zweithöchsten Klippe der Welt, quer durch die Insel über die Bergrücken der Paúl da Serra hinein in die tiefhängenden Wolken an der Nordwestecke Madeiras.
So ein Gruppenausflug läßt wenig Zeit fü individuelle Erkundungen, trotzdem gingen wir auf noch einen. Thema: Vom Pico Arieiro zum Pico Ruivo, dem höchsten Berg der Insel. Durch die zerklüftete Felslandschaft und üppiges Grün, entlang schmaler, in den Fels getriebener Pfade und durch mehrere Tunnel, Aussicht auf wolkenverhangene Küstenstreifen war der Lohn.
Die Levadawanderung, auch in der Gruppe, durfte nicht fehlen, hin zum Caldeirão Verde, immer begleitet vom frischen Wasser aus den Bergen in den schmalen Kanälen tänzelten wir auf den Kanalmäuerchen entlang bis zum Wasserfall, es kostete mich einige Minuten Überlegung, aber dann hüpfte ich doch in das klare eiskalte Wasser des Pools.
Dann machten wir unseren eigenen Weg durch Funchal und seine Außenanlagen, hinauf in den Tropischen Garten, mit dem Touristenbus die Stadtrunde nach São Martinho und zu Fuß zur Festung.
Der letzte Wandertag galt dem extremen Gegentum der üppigen grünen Inselwelt, dem östlichsten Zipfel Madeiras, der Halbinsel São Lourenço, felsig und heiß, leider nicht einsam, endlich kamen wir auch zum Bad im Meer am steinigen Strand gönnten wir uns ein paar Sonnenstunden, der letzte Tag ging zur Neige und wir hatten keine Flasche des berühmten Madeira-Weins geleert, nur ein Gläschen genippt.
Am Abreisetag dräute Abschiedswetter, grauer Himmel machte den Schmerz linde.

[] für Funchal / 26. August 2009

Mit Links in die Vergangenheit.


Dank des in allen Grauschattierungen schimmernden Sommerhimmels entstand dieser Hinweis.
Meiner Pedanterie und Abneigung gegen inhaltlich unausgereifte Berichterstattung ist es zu verdanken, daß einige Seiten vergilbten digitalen Tagebuchs bisher nicht das Licht der Öffentlichkeit erblickt haben. Sie sind noch ganz scheu und spröde, unverbraucht und eckig, schirmen sich die verklebten Schlafäuglein vor der aufgehenden Sonne der Aufmerksamkeit ab. Es handelt sich hierbei um Abrisse meiner Erlebnisse vor der Blog-Zeitrechnung dieser Heimatseite. Verknüpfungen verstecken sich hinter den Bildchen, also los!

[] Moabit / 27. Juni 2009

Nutzbar.

Mein altes Fahrrad. Kilometer von ungenutzt herumliegenden Kabeln jeglicher Couleur. Schuhe. Ein Zelt aus real-sozialistischen Zeiten. Ein eingetrockneter Drucker. Sämtliche nutzlose Telekomausrüstung. Das alles wurde heute wieder nutzbar, geradezu aus den Händen gerissen wurden mir einige Sachen, bevor ich sie richtig ablegen konnte, aber es wurde auch danke gesagt. Dreimal sackte ich den Ruck und karrte die Sachen zur Sammelstelle. Frei! Was braucht man mehr als die Dinge die man am Leibe trägt?! Zum Glück hatte ich zeitliche Verpflichtungen, vielleicht hätte ich sonst die ganze Wohnungseinrichtung ausgelagert.
Das Fahrrad, das mich jahrelang neben meinem Bett stehend gemahnt hatte und erinnert an den glimpflich verlaufenen Sturz in einen versenkten Gulli an der Frankfurter Allee (Vorsicht!), der Rahmen gestaucht, sein letztes Geleit erfuhr es heute, nachdem ich noch einiges abgebaut hatte, und wurde mir freundlich dankbar für bastelnde Jugendliche abgenommen, Minuten später schon demontiert, während Leute im Halbkreis stehend gebannt auf das Hinterteil des orangefarbenen Müllautos starrten, das sich den Haufen übriggebliebenen Sperrguts genüßlich schmatzend einverleibte. So schön kann Heimat sein.

[] Moabit / 17. Mai 2009

Geschlendert, nicht gehetzt.

estern abend ging ich die Reinhardstraße entlang gen Karlplatz. Ich hatte eine ziemliche Plauze, meine Bauchmuskeln spannten sich unangenehm über der Beule, die kurz davor noch ein leckeres indisches Lammgericht gewesen war, das ich mit Papa nach dem durchwachsen beeindruckenden Besuch der Fotoausstellung von Annie Leibovitz im Postfuhramt verspiesen hatte. Da bog mein Bus von der Luisenstraße ein, uneinholbar jenseits einer roten Ampel passierte er die Haltestelle ohne anzuhalten. Es graupelte leicht, frühlingshaft, prasselte auf meine Jacke, aber sonst merkte ich davon nichts. Kurz darauf stand ich an der Haltestelle. Zehn Minuten später sollte der nächste Bus kommen.
So schlenderte ich, der ich ungern an Bushaltestellen herumstehe, weiter, zu prüfen, ob ich es in diesen zehn Minuten plus bis zum übernächsten Stop am Hauptbahnhof schaffen würde, vorbei am verlassenen Bundespressestrand, dem Humboldthafen und schaute mich nochmal um, als ich den Glaskasten enterte, doch der Bus war noch nicht zu sehen. Auf der anderen Seite dann, kurz vor dem Ausgang, sah ich ihn durch die Scheiben um die Kurve biegen, wieder uneinholbar jenseits roter Ampeln und kreuzender Autos kurz anhalten und ohne mich davonfahren. Ich hatte keine Eile, es gab keinen Grund sich zu hetzen, hinterherzulaufen und sich schreiend an die Stoßstange zu krallen bis der sturmerprobte Fahrer sich erbarmen und anhalten würde. Ich zuckte innerlich mit den Schultern und gab Schusters Rappen zart die Sporen.
Was hatte ich mir damals beim Nachhauseschlendern gedacht, als ich unerklärlicherweise zu früh zum Judo-Unterricht gekommen war und die Tür verschlossen vorfand, froh, diesmal nicht wieder von den Geübteren umhergeworfen zu werden. Dankbar nahm ich es hin ohne zuviel darüber nachzudenken, ließ die erste Straßenbahn passieren, schlenderte zur nächsten Haltestelle, durfte nicht zu früh zu Hause sein, Bahn um Bahn fuhr an mir vorbei, offenbar machte ich auch einen kleinen Schlenker und vergaß dabei die Zeit - was dachte ich mir? Was dachte ich mir, als Papa mich zu etwas vorgerückter Stunde aufgestöbert hatte, was von Polizei und armer Mama erzählte, die in Tränen aufgelöst an der Tür stand, vor Schmerzen und Erlösung, Steißbeinbruch auf der Treppe und wiedergefundenes Kind. Tja. Nie wieder Judo.
Nicht zu schnell und nicht zu langsam ging ich im Graupel am Gefängnis Moabit vorbei, am spitzen Kirchturm der St.-Johanniskirche waren die nächsten zehn Minuten plus abgelaufen, der nächste Bus steuerte ohne Halt an der Haltestelle vorbei, jetzt war ich sowieso nicht mehr willens, für die lächerlich kurze verbleibende Strecke den vollen Fahrpreis zu zahlen und machte einfach weiter.
Zuhause angekommen war es etwas eineinviertel Stunden später und ich hatte mein verpaßtes Joggingpensum in etwa ausgeglichen.

[] Berlin / 26. März 2009

Dreimal Borschtsch.

Gibt man Borschtsch der Suchmaschine zur Aufgabe, bekommt man mehr Ergebnisse als gut ist. Denn offenbar hat jede Familie ihr eigenes Rezept.
Ich sammelte mir mein Rezept aus mehreren zusammen. Zuerst die Brühe. Zwei Kilo Suppenfleisch und einige Knochen wanderten in den Topf und gaben ihr Bestes in vier Stunden ans Wasser ab. Inzwischen schnippelte ich Rote Bete, Weißkohl, Kartoffeln, Möhren, Lauch und Zwiebeln um zwanzig Personen zu sättigen. Dabei fiel mir das wachsende Volumen der Zutaten auf und die Diskrepanz zum Volumen meiner Kochtöpfe.
Wie weiter? Die Möhren mit den Roten Beten, dem Weißkohl und dem Lauch anschwitzen oder doch mit den angerösteten Zwiebeln schmoren? Irgendwie gelangten alle Zutaten zusammen und die zwei größten Töpfe kühlten einen Nachmittag auf dem Balkon aus.
Als all die anderen schönen Sachen für einen geselligen Abend besorgt waren und der Abend anbrach, kamen die Töpfe wieder auf den Herd, erweitert um ein paar Liter selbstgekochter Gemüsebrühe mußte aber ein größerer Topf her. Das Suppenfleisch - und der Brocken Kassler, den ich inzwischen noch gekauft hatte - kamen hinzu. Zur angekündigten Zeit stand der Borschtsch bereit für die kleine familiäre Gästeschaft, einem Viertel des geschätzten Suppenvolumens. Der ersten Einladung nach sechs Jahren Abstinenz hatten wohl nur wenige geglaubt, aber die bekamen ein opulentes Buffet angeboten. Dann wurde die Idee des sonntäglichen Brunch geboren und ich drohte allen bis dahin Nichterschienenen mit Platzverweis. Ich blieb nicht allein. Der Borschtsch ging in sein letztes Drittel, doch auch das war noch von beachtlichem Volumen. Also ließ ich mir heute von meinen Kollegen helfen, die tapfer und lobend mit mir den Topf leerten. Mit Borschtsch kann man Punkte machen.

[] Berlin / 02. März 2009

Abwärts, die Zweite!


Ich kann mehrmals! Zumindest versuche ich es, auch wenn es wehtut. Denn ein vorbereitendes Training täte not, damit die Kondition ausreicht, um die Technik zu verbessern.
Per Auto sausten meine Spießgesellen und ich ins Schwyzerische zu dem Chalet mit Blick auf das Rhônetal. Zu neunt bezogen wir dann das Holzhaus mit Kamin.
Der erste Skitag traumhaft in Wetter und Schneeverhältnissen, letztere anstrengend für die untrainierten Beine. Das Skigebiet schien auf den ersten Blick eigenartig anders: vorwiegend Sessellifte auf ziemlich wenige Pisten, die zweifelhaft präpariert waren. Die wenig ausgeprägte Après-Skikultur fehlte uns zunächst nicht, sie hängt wohl mit dem lokalen Naturell zusammen. Also wurde daheim gebechert und gekocht. So ging es zwei Tage lang.
Erst am Dienstag, dem dritten Tag, verhieß der Pistenbericht dem einen einen Ruhetag, dem anderen nichts Gutes. Die anderen stellten sich trotzdem auf die Bretter und waren auf der einzigen offenen Piste nicht ganz allein. Wir fuhren ins nahe Sion für eine kurze Inspektion. Es zog und schneite an allen Ecken.
Am Mittwoch ging es wieder auf die Pisten, hoch hinaus, hier blauer Himmel, da senkrechter Schneefall, die weit schallenden Sprengungen von Lawinen bewahrten einige Wanderer nicht vor dem Ungück.
Sogenannte Skirouten - nicht präparierte Tiefschneehänge - warteten auf gute Skifahrer, trotzdem war auch ich unter den Bezwingern, nicht wissend was mich erwarten würde - so ein naturbelassenes Skigebiet war mir vorher noch nicht untergekommen. Anstrengend. Kollege Korkmaz hatte wohl weniger Probleme mit der Kondition, dafür drückten seine Schuhe. Meine aber auch, die schienen für Menschen ohne Fußknöchel gemacht zu sein.
Zum Glück fanden wir endlich eine gemütliche Hütte für die Mittagspause, wo es nicht nur teure 0815-Soup Goulache gab.
Am letzten Skitag, nach einem vorabendlichen Ausflug ins bescheidene Kneipenleben von Nendaz, scheint die Sonne und es ist kalt, beste Skiverhältnisse zum Abschied, keine Hast auf meiner Seite, schon wegen der Erschöpfung der Skimuskeln, die keine Höchstleistungen mehr zulassen. Trotzdem muß man sich trauen, die Technik anzuwenden, schon weil sie Kraft spart, Knie in den Berg.
Nachdem das Haus wieder in die Nähe seines vorgefundenen Zustandes gebracht ist - erstaunlich wieviel Müll neun Personen machen können - treten wir die Rückreise an und sind schon nach zehn Stunden zurück zuhause.

[] für Nendaz / 14. Februar 2009

Abwärts!


Während andere schon am schwächelnden Bruttosozialprodukt feilten trieb ich mich im rot-weiß-roten Ausland herum - Schifoahrn! Auf der Vier-Berge-Skischaukel wedelte ich was das Zeug hielt und nach einem kindgerecht kurzen Apres-Ski-Jagertee stiegen wir in den Skibus und schlugen uns in unserer Herberge mit dem Mehrgängemenü die Mägen voll - erst nach dem Saunagang natürlich. Woi Schifoahrn is des Leiwandste wos ma sich nur vorstön kann...
...und für die technisch Minderbemittelten hier noch ein Sonderverweis. Servus!

[] Schladming / Im Jänner 2009

Ho ho ho.


Von drauß' vom Walde komm ich her,
Ich kann euch sagen, es nieselt gar sehr,
Der Schlitten hatte sich da im Matsch festgefahren,
Den Abschleppdienst mußte ich selber bezahlen.
Zum Glück sind heuer die Sachen nicht schwer,
Die Angst vor der Rezession drückt wohl sehr.
Doch manch einen hat es wohl nicht gejuckt,
So hieß es doch in die Hände gespuckt,
Die Tiere hatten auch kräftig zu zerren,
Der Abschlepper machte auf feinen Herren,
Nun ist der neue Anzug schon völlig versaut,
Bevor ich durch all die Kamine geschaut.
Im nächsten Jahr sollt ihr mich nicht mehr wecken,
Ich werd mal was Geld in die Ausbildung stecken,
Wer glaubt auch noch an den Weihnachtsmann!
X-Mas Man can do it, der ist jetzt dran!

Berlin, 24. Dezember 2008 []

...und hier geht's in die nahe Vergangenheit.